2010 – Das Schwere im Leichten
23.7. – 30.7.2010
Kaiserlich unterwegs auf leichten Klettersteigen im Rosengarten (Dolomiten)
Leichte Klettersteige im Rosengartenmassiv der Dolomiten hatte unser FÜL* Don Bernado versprochen.
Und er hielt Wort, wenn auch eher für den zweiten Teil des Begriffes „Leichte Klettersteige“: Schon der „Aufstieg“ mit dem Sessellift von der Frommer-Alm (Treffpunkt) zur Rosengartenhütte ward mit einem stürmischen Gewitterregen gewürzt.
Der nächste Tag würzte den weitgehend eisenlosen Klettersteig zur Santnerpasshütte mit „die Schnee kommt“, wie uns der Hüttenkellner vorwarnte, und mit eisigem Wind, auf dass die Griffe und Tritte am Fels rutschig, die klammen Finger am Drahtseil kaum Griffhalt fanden. Der Aufstieg aus der Eisrinne wurde mittels Bergseil von oben zusätzlich gesichert vom FÜL, führte dazu, dass sich den Hinteren der elfköpfigen Klettergruppe, die warten mussten, der Name dieser Stelle zitternd einprägte. Einkehr zu etwas Warmen in der kleinen Santnerpass-Hütte und Abstieg zur Vajoletthütte beendeten diesen „leichten“ Weg.
(4,5 Stunden Gehzeit, 600 m aufwärts, 665 m abwärts und maximale Höhe 2741 m)
Am nächsten Tag ging es über zwei Pässe zur Tierser Alpl-Hütte, die uns klar durchorganisiert, sauber u. relativ ruhig trotz voller Belegung bergen sollte. Drei Stunden Weg durchs wilde Kar zwischen Grasleitenpass und Molignon-Pass waren bis zur Gepäckablage auf der Hütte zu bewältigen.
Nach einer Mittagspause ging es in den Klettersteig. Auch der Maximilian-Klettersteig über den großen Rosszahn zur Roterdspitze entpuppte sich als „leicht“. Leicht war der ebenso kaum als via ferrata, sondern eben als Kletter-Steig ausgebildete Aufstieg. Doch dann begann ein Gratweg, der die Bezeichnung „leicht“ wohl nicht verdient. Auftakt war eine steile Abstiegspassage am dünnen Drahtseil gesichert, die nur unsere Berggemse Kirsten am Fels durchstieg, die übrigen waren froh, etwas Drahtiges zum Festhalten zu haben. Dann ging es über z.T. ausgesetzte, schmale Gratpassagen mit vier zu überkletternden Köpfen, die keine Fehlgriffe oder –tritte erlaubten. Als Zwischeneinlage gab es eine Abkletterpassage, die Bernhard – wieder ganz auf Sicherheit bedacht – mittels Ablassens die Gruppe überwinden ließ, obgleich ein Könner, an uns vorbeieilend, zeigte, wie man diesen ca. 6 m hohen Absatz in einem Einschnitt im Kaminkletterstil vorwärts und sogar elegant überwinden kann. Insgesamt also wieder ein „leichter“ Klettersteig mit aufpeppenden Einlagen. „Das stärkt die Psyche“, ermunterte der FÜL den Chronisten, als dieser am letzten abzukletternden „Kopf“ im Nichts einen Tritt suchend herumhing. Und so ist es: Durchstandene Herausforderungen steigern den Grad des fürderhin Zumutbaren. Insofern wachsen „alte Herren und gereifte Damen“ noch. Die Bezeichnung „leichter Klettersteig“ ist dahingehend zutreffend, als dass nicht nur dem FÜL leicht ums Herze ward, als alle wieder heile unten.
Tagesbilanz: 7,5 Stunden Gehzeit, davon 4 Stunden im Klettersteig, 1035 m Aufstieg, 850 m Abstieg, davon jeweils 400 m im Klettersteig; maximale Höhe 2685 m.
Lieber erstunken als erfroren: Eiswind ließ uns das Fenster die Nacht über geschlossen halten, aber die Luft hätte man stückweise händeln können.
Der Molignon- (Laurenzi-) Klettersteig stand auf dem Programm, teilte ob seines begleitenden Wetters (kalt, windig) und seines Schwierigkeitsgrades unsere Gruppe in fünf Genusswanderer, zu denen auch der Chronist gehörte, und in die sechs, die die Herausforderung annahmen. Bis zum Molignon-Pass ging es gemeinsam, dann entschwanden mit Handschuhen und Sturmhauben, Kapuzen und Tüchern vermummt die Kletterer, während die Genießenden zur Grasleitenpasshütte einkehrten, wo Antje sich in den Kakao verliebt hatte.
So kamen wir gerade recht, um unsere Kletterer beim Abstieg in der schwierigsten Passage am Drahtseil wie bunte Perlen an der Schnur aufgereiht zu entdecken.
Was sie unterwegs erlebten, berichtet….? Ja , lieber Bertl, es war in der Tat ein hartes Stück Arbeit zu verrichten. Die Überschreitung des gesamten Molignongrates mit seinen 3 Gipfeln bot eine Menge Luft unter den Sohlen mit luftigen Passagen, senkrechten Abstiegen, freiem Gehen und ungesichertem Klettern im 2. Grad. Nichtsdestotrotz genoss und meisterte die wagemutige Mannschaft die gestellte Aufgabe in 4 Stunden (FÜL).
Auf der Antermoia-Hütte waren alle wieder beeinand zu einem Mittagsimbiss, um den langen Rückweg anzutreten über den Passo di Donna, den Passo Duron durch die Almmatten absteigend bis zum Fahrweg des Val Duron und von da endlos erscheinend zur Hütte zurück.
Bilanz des Tages: 1070 m Aufstieg u. Abstieg (für die Kletterer), für alle 7,5 Stunden Gehzeit.
Die Leichtigkeit des Seins zeigte sich in der Anpassung ans Wetter. Schneeregen und Eiswind lassen Klettersteigpläne nach den Erfahrungen des ersten Tages schwinden.
Und so verloren wir zwei wärmebedürftige Mitwanderer, die abstiegen, um die Sonne zu suchen (Regina u. Holger).
Wir brachen erst weit nach 9 Uhr vermummt im Nassschneegetriebe auf, den Rückweg zur Grasleitenpasshütte nehmend. Gegen Mittag besserte sich das Wetter, es blieb kalt, wurde aber sonnig. Eine ausgiebige Schokoladenkakaoeinkehr ist für Antje unvermeidbar, uns anderen ging es eher um ein warmes Plätzchen.
Auftürmende, von der Sonne drohend schwarz bestrahlte Wolken führten zur Entscheidung, den Kesselkogelklettersteig sein zu lassen, der Berg steckte auch überwiegend in den Wolken, Aussicht hätte es nicht gegeben. Und vielleicht sind wir auch zu alt geworden, um uns den alleinigen Spaß am Klettern und Schlossern ohne weitere Zugaben zuzumuten. Wir nehmen’s leicht und den Wanderweg. Wären wir jünger, hätten wir den Nachmittag auf der ursprünglichen und einfachen Antermoia-Hütte abgechillt, in unserem Alter wird einfach ein Ruhenachmittag daraus.
Ein Tag der Schleifen: Von der Antermoia-Hütte in ungewohnter Morgensonnenwärme auf den Passo di Lausa, Abstieg ins Val di Lausa, nach Westen Aufstieg ins Larsec, wobei wir eine Herde Gemsen aufstörten, die elegant den Berghang hinaufsprangen. Den Abstieg zur Vajolethütte nicht gefunden, zogen wir unsere erste Schleife – es fällt uns halt schwer, es uns leicht zu machen – auf den Passo delle Pope, von da über markiertem Schottersteig steil hinab zur Vajolet-Hütte, zum Mittagsimbiss auf die Preuss-Hütte, deren Bedienung bei dem Schönwetteralmauftrieb, der dort herrschte, rettungslos überfordert.
Aufstieg auf Weg 541 entlang den Hängen der Rosengarten- und Mugonispitzen, dann verleitete uns der neu angelegte Promenadensteig rund um den Cigolade zu unserer zweiten nicht enden wollenden Schleife. Nach Rundung der Pale Rabbiose schaute lang schon von der gegenüberliegenden Berglehne die Rotwandhütte herüber und wir zogen unsere Bahn auf dem durchaus abwechslungsreichen Berglehnpfad rund um das Valle-Tal.
Ein Würfelspielabend der Fußmüden beendete diesen Wandertag, der ursprünglich auch ohne Schleifen, also „leicht“ geplant war.
Tagesfakten: 40 633 Schritte, dabei 3486 Kalorien verbraucht; 7,5 Std. Gehzeit, 2711 m maximale Höhe, 995 m Aufstieg, 1230 m Abstieg
Ein letzter Klettersteigtag wurde um den Masare-Klettersteig wegen des unsicheren, schwülen Wetters gekürzt.
Der Rotwandklettersteig ward leicht als solcher, doch umgewidmet durch den vorangegangenen Abend mutierte er eher zum Rotwein-Nachwirkungs-Klettersteig, der in diesem Zustand nicht nur mit dem Finden seines passenden Einstiegs, sondern mit seinem steilen Anstieg und seinem sich hinziehenden Lehnenaufstieg „schwer“.
Doch langes Pflückeglück für Augenblicke im Rosengarten war uns nicht beschieden, das Wetter braute sich zusammen. Gut gesichert, selbst an Stellen, wo man sich eigentlich nicht zu verdrahten sucht, war der Abstieg zum Passo di Vailon leicht und rasch erfolgt, von da ging es auf Weg 551 steil zum Hirzlweg 549 hinab, auf diesem zur Rosengartenhütte, in die wir mit den ersten Donnerschlägen einliefen. Eine Mittagsjause samt Frühbier und ausgiebigen Mittagsschlaf in den Kämmerchen gönnten wir uns als Belohnung für diesen leichten Urlaub.
Miturlaubend und sich stärkend bis zum Ende der Tour waren: Antje Sarstedt, Norbert Kahnt (das Bertl), Hannes Thomas, Heinz Nitzschke, Jürgen Ruberg, Kirsten Krok, Robert Neumann und Uwe Schmidt, als „Berchführer“ unser FÜL*, Bernhard Kaiser.
Chronist: Norbert Kahnt
* Fachübungsleiter Bergsteigen
- Gruppenbild
- Im Maximilan-Klettersteig
- Blick auf die Seiser Alm
- Abklettern
- Gruppenbild
- Im Laurenzi-Klettersteig
- Antamoiasee
- Rast
- Klemmblock
- Auf der Rotwand
- Abschiedsfeier auf der Rosengartenhütte
- Im Maximilian-Klettersteig
- Vajolettürme
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